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Inflationsentwicklung wird zum Dilemma

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EZB

Die Inflationsentwicklung wird für die EZB zum zum Dilemma. (Foto: ECB European Central Bank)

Die Inflationsrate im Euroraum ist im Juni 2017 erneut gesunken: Von zuvor 1,4 % auf 1,3 %. Nach einem zwischenzeitlichen Anstieg auf 2,0 % liegt sie nun nur wenig über dem Stand von Dezember (1,1 %). Maßgeblich für den Rückgang waren die Energiepreise, die im Vormonatsvergleich um 0,8 % fielen. Preisdämpfend wirkte sich dort der kräftige Rückgang des Rohölpreises um gut 8 % (Brent, €/b) aus. Dessen Vorjahresrate ist, nach jeweils rund +64 % im Dezember und Januar, nun im zweiten Folgemonat wieder negativ. Die rohölpreisbedingten Basiseffekte, die die Inflationsrate auf ein dauerhaft höheres Niveau heben sollten, stellen sich damit nicht nachhaltig ein. Die Inflationsrate wäre noch weiter gesunken, wäre der unterliegende Kerninflationsdruck nicht höher ausgefallen (Jahresrate 1,1 %, nach 0,9 %).

Prognose für 2017

Unsere Inflationsprognose von 1,6 % für 2017 halten wir aufrecht. Ob dies auch weiterhin so bleiben kann, hängt fast allein vom Rohölpreis ab. Sprach dieser zu Jahresbeginn für leichte Aufwärtsrisiken für die Prognose, bestehen durch den zuletzt ausgebliebenden Preisauftrieb nun Abwärtsrisiken. Hielte die US-Fracking¬industrie ihr aktuelles Expansionstempo bei, dürfte dies den Rohölpreis eher nicht dauerhaft über 50 US-$/b heben. Dies ließe die 2017er Prognose auf 1,5 % sinken.

Die aktuelle Inflationsentwicklung versetzt die EZB in ein Dilemma. Auch wenn sie es nicht offen aussprechen kann, ist sie unseres Erachtens zum Ausstieg aus den Wertpapierkäufen „verdammt“. Immerhin droht sie Mitte 2018 die Obergrenze von 33 % für maximal erwerbbare Staatstitel eines Landes bei unverändertem Kaufverhalten zu erreichen. Weitere Kaufdrosselungen lassen sich aber schwer begründen, wenn die Inflationsrate weit unter dem „2“-%-Preisziel liegt und auch langfristige marktbasierte Inflationserwartungen niedrig sind (29.06.: 1,59 %). Zudem prognostiziert die EZB selbst eine Verfehlung ihres Preisziels bis 2019. Ihrer bisherigen Logik folgend ist all dies eher ein Umfeld, in dem sie geldpolitisch aktiver werden müsste.

Leitzinserhöhung lässt noch lange auf sich warten

Wegen der 33-%-Grenze dürfte es aber anders kommen. Wir erwarten unverändert, dass die EZB im September eine Kaufreduktion um weitere 20 (auf 40) Mrd. € für Januar ankündigen wird. Begründen dürfte sie dies mit der Korrektur der Inflationsentwicklung auf (dann) rund 1,5 %. Der aktuelle Rückgang der Inflationsrate spricht zudem gegen vorzeitig verringerte Käufe bereits 2017. Vielmehr dürften diese bis Ende 2018 mit einer Fall-zu-Fall-Betrachtung graduell auf null gesenkt werden. Und auch wenn EZB-Präsident Mario Draghi jüngst für Verwirrung gesorgt hat: Eine echte Leitzinserhöhung ist unseres Erachtens frühestens ab Mitte 2019 ein Thema.

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Kanzleramt muss Auskunft zu Lobbyisten-Abendessen der Kanzlerin erteilen

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Lobbyistentreffen müssen transparenter werden. (Foto: elwynn/Clipdealer.de)

Seit Mai 2015 bemüht sich abgeordnetenwatch.de, vom Bundeskanzleramt Informationen über nicht-private Abendessen der Bundeskanzlerin aus gesellschaftlichem Anlass zu erhalten. Hintergrund für mehrere Auskunftsanfragen der Transparenzorganisation ist die 60. Geburtstagsfeier des früheren Deutsche Bank-Chefs Josef Ackermann in der Regierungszentrale. Im April 2008 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel dort ein Festmahl für Ackermann ausgerichtet, zu dem zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Medien und Politik geladen waren.

„Dass wir Informationen zu Abendessen der Bundeskanzlerin mit Lobbyisten erst einklagen müssen, ist ein Armutszeugnis. Die jahrelange Transparenzverweigerung der Bundesregierung zeigt, wie dringend wir ein verbindliches Lobbyregister brauchen,”

so abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack am Montag.

“Mit unserer Recherche wollen wir herausfinden, ob die Bundeskanzlerin auch für andere Interessenvertreter Geburtstagsfeiern im Bundeskanzleramt ausgerichtet hat”,

Auskunftsbegehren wurden rigoros abgelehnt

Nachdem das Kanzleramt seit 2015 mehrere Auskunftsbegehren der Transparenzorganisation abgelehnt hatte, klagte abgeordnetenwatch.de am 21. November 2016 beim Berliner Verwaltungsgericht, um einen presserechtlichen Auskunftsanspruch durchzusetzen. Da mit einem rechtskräftigen Urteil vor der Bundestagswahl im September 2017 nicht zu rechnen war, reichte abgeordnetenwatch.de am 8. Mai 2017 parallel eine Eilklage beim selben Gericht ein.

„Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht zu erfahren, welche Interessenvertreter die Bundeskanzlerin zum Essen ins Kanzleramt einlädt, zumal wenn dies aus Steuergeldern bezahlt wird.  Bei der Bundestagswahl im September wird es auch um die Nähe von Politik und Lobbyisten gehen. Darum ist der Gerichtsbeschluss ein wichtiges Signal für mehr Transparenz!” Ein verbindliches Lobbyregister, in dem u.a. Kontakte zwischen Lobbyvertretern und Politikern veröffentlicht werden, wird im Deutschen Bundestag einzig von CDU und CSU abgelehnt.

erläutert Gregor Hackmack.

Laut des jüngsten Eilbeschlusses des Berliner Verwaltungsgerichts muss das Kanzleramt abgeordnetenwatch.de mitteilen, wann und aus welchem gesellschaftlichen Anlass seit 2005 nicht-private Abendessen der Bundeskanzlerin im Bundeskanzleramt stattfanden, an denen auch Personen teilnahmen, die weder ein politisches Amt oder Mandat innehatten.

Gericht gab abgeordnetenwatch.de in in allen Punkten recht

In ihrem Beschluss gibt die 27. Kammer abgeordnetenwatch.de in allen Punkten recht. Das Bundeskanzleramt hatte u.a. behauptet, bei dem Auskunftsbegehren gehe es um eine Ausforschung des innersten Bereiches der Willensbildung der Bundeskanzlerin. Das Gericht stellte klar, dass die Bekanntgabe von Datum und Anlass der dienstlichen Abendessen im Bundeskanzleramt seit 2005 „nicht den exekutiven Kernbereich“ betreffe.

Auch der Behauptung des Kanzleramtes, die Herausgabe der Informationen könne in Zukunft negative Auswirkungen auf die Sicherheit der Bundeskanzlerin haben, folgte das Gericht nicht. „Den Daten ließe sich weder entnehmen, wann sie [Bundeskanzlerin Angela Merkel] das Bundeskanzleramt an diesen Tagen von wo kommend betreten, noch wann sie es wohin gehend verlassen hat,“ heißt es in dem Gerichtsbeschluss. Auch eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Gäste vermochte die Kammer nicht zu erkennen.

Das Bundeskanzleramt hat am 29. Juni 2017 Beschwerde gegen den Beschluss vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Weitergehende Informationen:

Beschluss der 27. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts vom 23. Juni 2017 (VG 27 L 295.17)

Pressemitteilung des Berliner Verwaltungsgerichts zum Beschluss

Vorgeschichte des Gerichtsverfahrens: Kanzleramt verweigert Auskunft über nicht öffentliche Merkel-Reden

Gesetzentwurf von abgeordnetenwatch.de und LobbyControl für ein verbindliches Lobbyregister

FAQs zum Lobbyregister-Entwurf

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Deutsches Produktionsfeuerwerk hält weiter an

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Die BIP-Prognose für 2017 lässt sich aufgrund der guten Produktionlage nach oben korrigieren.
(Foto: Themeforest)

Die deutsche Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im Mai um 1,2 % gegenüber dem Vormonat gestiegen. Nach dem Zuwachs von 0,7 % im April (revidiert von 0,8 %) hat sich der Produktionsknoten damit nennenswert gelöst, die von den Stimmungsindikatoren angefachte hohe Erwartungshaltung ist bestätigt worden. Für das zweite Quartal 2017 sieht es nun nach einem Vorquartalszuwachs von rund 2 % aus.

Bestes Ergebnis seit sechs Jahren

Ein derart gutes Halbjahr hat es bei der Produktion seit sechs Jahren nicht mehr gegeben. Die Situation unterscheidet sich jedoch dahingehend, dass nach dem durch die Finanzkrise verursachten Produktionseinbruch seinerzeit ein starker Nachholbedarf bestand. Vergleichbares ist heutzutage nicht der Fall. Aufgrund dessen, dass es derzeit fast überall auf der Welt konjunkturell etwas besser läuft als im vergangenen Jahr, erhält die Produktion ­ und mit ihr das BIP jetzt vielmehr einen unerwarteten Rückenwind. Gegenüber 2016 macht sich hierbei vor allem positiv bemerkbar, dass das Wachstumstempo der chinesischen Wirtschaftsleistung bisher nicht nachgelassen und sich die wirtschaftliche Lage in vielen Schwellenländern verbessert hat.

Geht es nach dem ifo-Geschäftsklimaindex und dem Einkaufsmanagerindex im Verarbeitenden Gewerbe, wird der konjunkturelle Rückenwind anhalten. Den hohen Indexständen folgend hätte das Produktionswachstum zwar schon zuletzt stark anziehen müssen. Dass dies weder hier noch bei anderen harten Konjunkturdaten der Fall war, liegt unseres Erachtens an einer Stimmungsüberhitzung: Sie resultiert daraus, dass die gewichtigen geld-, geo- und wirtschaftspolitischen Risiken in den Befragungen unseres Erachtens ausgeblendet werden. Für die Stimmungsindizes bestehen daher Abwärtsrisiken. Träten sie ein, wäre dies aber kein Warnsignal: Wenn eine 1:1-Übersetzung in die harten Konjunkturdaten nach oben nicht erfolgt, dann auch nicht nach unten. Zudem spräche selbst eine sich abkühlende Stimmungslage noch für höhere Produktionszuwächse, als sie zurzeit vorliegen.

BIP-Prognose angehoben

Wie auch immer: Nach der dynamischen ersten Jahreshälfte sieht es zurzeit so aus, dass sich die zyklischen Auftriebskräfte festigen. Sie werden wohl auch im zweiten Halbjahr anhalten. Ein Indiz hierfür ist die Entwicklung bei den Investitionsgütern, die eine weitergehende Investitionsbelebung für das zweite Halbjahr nahe legt. Diese überstiege aber die von uns veranschlagten Wachstumsimpulse. Unsere BIP-Prognose für 2017 haben wir daher von 1,4 % auf 1,6 % angehoben.

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„Die Wirtschaft ist für den Menschen da!“

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„Gesucht wird nach einer Verbindung des Kapitals mit der sozialen und institutionellen Sphäre, die das Leben des modernen Menschen ausmacht. Anders gesagt: Das Verstehen der Erscheinungsformen, der spannungsreichen Verknüpfungen, aber auch der Widersprüche des Kapitals ist Ausgangspunkt, Ziel und Motiv dieses Buches.“

Herr Prof. Hemel, Ihre Publikation trägt den Titel: „Die Wirtschaft ist für den Menschen da.“ Ist das nicht im Prinzip eine Selbstverständlichkeit?

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel, Foto: ifs)

Ja, das ist es, aber diese Selbstverständlichkeit kann wie eine Provokation wirken. Im Alltag erfahren wir oft das Gegenteil: Menschen fühlen sich hilflos und ausgeliefert, sie werden zum austauschbaren Produktionsmittel und nicht in ihrer Würde und Eigenart wahrgenommen. Und dann sieht es so aus, als sei eben der Mensch für die Wirtschaft da und nicht umgekehrt!

Was ist geschehen, wenn sich viele Bürger bzw. Arbeitnehmer in diesen Zeiten so übervorteilt und in Teilen ausgenutzt fühlen und sich die Distanz zum Kapital und zur Wirtschaft deutlich ausweitet?

Überall wo Menschen sich begegnen, gibt es auch Elemente des Marktes. Der Markt ist aber nicht alles, er braucht eine politische und gesellschaftliche Ordnung; er braucht Spielregeln. Ohne solche Spielregeln verkommt die Gesellschaft zur Anstalt für sozialdarwinistische Übungen. Umgekehrt bewirkt die Lähmung von Marktkräften einen riesigen Innovationsstau und allgemein sinkenden Wohlstand. Es geht also um ein Gleichgewicht – und dieses Gleichgewicht haben wir teilweise verloren.

Wer hat versagt? Die Politik, indem sie in den vergangenen Legislaturperioden Maß und Mitte verloren und Lobbyisten aus der Wirtschaft bevorzugt hat?

Es ist zu leicht, hier allein die Politik verantwortlich zu machen. In einer Demokratie kommt diese ja aus der Mitte der Gesellschaft. Und dazu gehört jeder von uns – auch wenn er ökologisch verantwortliche Tierhaltung will und dennoch das billigste Fleisch aus dem Supermarkt kauft. Gerade weil bei jedem einzelnen eine Menge Verantwortung liegt, sehe ich hier auch die Familien und das Bildungssystem in der Pflicht: Denn diese familiären und auch schulischen Prägungen wirken sich letztlich auf jeden Politiker aus.

Der Untertitel Ihrer Publikation lautet: „Vom Sinn und der Seele des Kapitals“. Wie müssen wir uns die Seele des Kapitals vorstellen?

Geld ist eine phantastische Erfindung, um den Tausch von Dienstleistungen und Gütern zu vereinfachen. Kapital ist die geronnene Form von Geld und Vermögen. Weil Geld und Kapital Ausdruck der Symbolfähigkeit des Menschen sind, drücken sie immer auch Beziehungsgeschichten aus: Währungen haben einen Namen, Geld hat eine Geschichte. Kapital gibt es nicht ohne Menschen, die mit ihm umgehen – nach ihren eigenen Bedürfnissen, Ängsten, Zwängen, Lebensgeschichten. Daher gibt es kein „herrenloses“ Kapital – es geht immer auf Beziehungen zurück und ist in sie verstrickt. Diesen Beziehungscharakter des Kapitals meine ich mit dem bildlichen Ausdruck „Seele des Kapitals“.

Sie äußern in Ihrem Buch: „Wertrationale und nutzenrationale Interessen fallen trotz aller Widersprüche langfristig zusammen. Denn Sinn, Bedeutung und soziale Anerkennung sind wesentliche Treiber wirtschaftlicher Tätigkeit, die damit eben immer auch sozial determiniert ist.“

Wertrational geprägt sind Handlungen dann, wenn sie sich vorrangig an unseren Werten ausrichten. Nutzenrational dann, wenn der Nutzen im Vordergrund steht. Menschen wollen aber häufig beides: in Übereinstimmung mit ihren Wertvorstellungen handeln, aber auch den bestmöglichen Nutzen herausschlagen. Kurzfristig kann ich einem Mieter, der mit seinen Zahlungen in Verzug ist, „nutzenrational“ kündigen. Wenn dieser aber selbst nur in einer vorübergehenden Notlage ist, kann es viel besser sein, eine schwere Zeit gemeinsam zu überbrücken und „wertrationa“ Solidarität zu üben. Zahlt der Mieter nach ein paar Monaten seine Mietschulden ab, dann konvergieren „nutzenrationale“ und „wertrationale“ Gründe: Es entsteht kein finanzieller Verlust, und das Mietverhältnis entwickelt sich langfristig. Auch hier kommt die Beziehungsseite von Geld und Kapital zum Ausdruck: Wir wollen mit finanziell geprägten Transaktionen eben sehr häufig auch die soziale Anerkennung durch andere erreichen – sonst gäbe es beispielsweise bestimmte teure Luxusgüter wohl gar nicht.

Ist es in diesen Zeiten nicht eher umgekehrt, indem Wirtschaft sich immer mehr in die Lebensverhältnisse der Menschen drängt, vorschreiben will und das ist alles andere als sozial determiniert?

Das Wort „sozial“ hat hier zwei Bedeutungen. Denn jemand, der reich werden will ohne Rücksicht auf Verluste, sucht nicht zuletzt die „soziale“ Anerkennung durch andere, will dazugehören zum Club der Reichen und Erfolgreichen. Die zweite Wortbedeutung geht in die Richtung guter Lebensverhältnisse für alle. Sie zielt auf politische Gestaltung. Und diese Gestaltung ist häufig nur so gut, wie in der Politik eben auch wirtschaftlicher Sachverstand da ist. Denn nicht jede gut gemeinte Politik führt zu sinnvollen Lösungen: Genau solche Lösungen aber sind einzufordern und im politischen Ringen zu suchen!

Über Jahrzehnte haben wir in Deutschland die soziale Marktwirtschaft präferiert. Praktisch alle Gesellschaftsschichten konnten damit Chancengleichheit genießen und persönlichen Wohlstand erarbeiten. Bricht uns das bewährte Modell zunehmend weg und falls ja, lässt sich das wirklich immer mit zunehmenden Globalisierungsfaktoren begründen?

Die soziale Marktwirtschaft bietet grundsätzlich ein gutes Gleichgewicht zwischen der nötigen Gestaltungsfreiheit in Märkten und dem ebenso nötigen sozialen Ausgleich durch politisch vorgegebene Spielregeln. Die Erschütterung der Glaubwürdigkeit der sozialen Marktwirtschaft ist ein Anzeichen für einen Pendelschlag: Ja, da spielt die Globalisierung sehr wohl eine Rolle.

Mindestens genau so wichtig ist aber eine Besinnung auf die neuen Herausforderungen des 21.Jahrhunderts. Denn im 20.Jahrhundert haben wir letztlich einseitig auf Arbeitseffizienz gesetzt. Nun müssen wir verstärkt auf Ressourceneffizienz achten, also beispielsweise energiesparende Autos, Gebäudedämmung, kreislaufwirtschaftstaugliche Produkte. Gleichzeitig müssen wir die neue soziale Frage auch so nennen, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Denn ein Übermaß an Ungleichheit schafft gesellschaftlichen Stress für alle Beteiligten! Gemeint ist letzten Endes die Neugestaltung einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft!

Wirtschaft soll die von einer Gesellschaft gewünschten Bedarfe decken. Stimmen die zur Umsetzung dieses Anspruchs erforderlichen Rahmenbedingungen noch, wenn Ausgrenzungsprojekte wie etwa „Hartz IV“, Dumpinglöhne, Werkverträge und einiges mehr einen Teil der Bürger in die wirtschaftliche Aussichtslosigkeit drängen?

Ob es richtig ist, hier von Ausgrenzungsprojekten zu sprechen, das sehe ich kritisch. Ich bin viel gereist, auch in Afrika, Lateinamerika und den ärmeren Ländern Asiens. Aus diesem Blickwinkel ist unsere Sozialgesetzgebung sehr wohl und immer noch eine soziale Errungenschaft. Problematisch ist aber die bürokratische Ausgestaltung, die häufig ganz zu recht als menschenunwürdig empfunden wird. Wäre es da nicht sinnvoll, den Kommunen wieder stärkere Rechte zu geben? Denn dort sind die Verhältnisse vor Ort bekannt. Es gibt auch Länder, bei denen soziale Hilfen an die Erfüllung der Schulpflicht betroffener Kinder gebunden sind. – All dies rechtfertigt freilich keine Dumpinglöhne; hier sind gesetzgeberische Maßnahmen ja auf dem Weg.

In Ihrer Publikation präferieren Sie den Weg zu einem ganzheitlichen Kapitalbegriff „in Kombination mit der Anerkennung der Herausbildung einer globalen Zivilgesellschaft, die Grundlage bieten für eine wahrhaft soziale Marktwirtschaft – auch im moralischen Sinne“. Mit welchen Weichenstellungen und Maßnahmen könnte dies gelingen?

Die Bedeutung der Zivilgesellschaft wird unterschätzt. Wir leben in einer Zeit mit Internet und zugänglicher Telekommunikation praktisch für alle. In den Slums von Kenia ist heute eine Ladestation für das Mobiltelefon wichtiger als Strom für die Beleuchtung der eigenen Hütte. Um dieses Beispiel aufzugreifen: Wenn wir als Verbraucher in Deutschland darauf achten, dass unser Mobiltelefon einen herausnehmbaren Akku hat, dann wirkt sich das unmittelbar auf die Wiederverwendung von Rohstoffen, auf die Gewinnung bestimmter Rohstoffe und damit auf die Lebenswirklichkeit von Menschen in weit entfernten Ländern aus.

Wir brauchen also mit anderen Worten Spielregeln für die globale Zivilgesellschaft, angefangen vom Verbraucherverhalten bis hin zu Vorgaben für das Verhalten von Unternehmen und Regierungen. Solche Vorgaben werden unter dem Begriff der Governance zusammengefasst. Transparenz und soziale Balance spielen hier eine besonders wichtige Rolle. Aufgabe des 21.Jahrhunderts wird es sein, eine solche Global Governance für die Zivilgesellschaft und die Unternehmen als ein Teil der globalen Zivilgesellschaft, aber speziell auch für die Regierungen durchzusetzen.

Sie schreiben auch „Die ursprüngliche kapitalistische Transformation ist der Tausch von Geld gegen Träume“. Träume rund um „die gelingende Gestaltung des sozialen Lebens“ sollten nicht vorschnell aufgegeben werden. Wie lässt sich das realisieren, wenn jene, die aufgrund ihrer Position in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik an einer Umsetzung eines solche Anspruchs gar kein Interesse zeigen?

Wenn wir etwas kaufen, haben wir Erwartungen, die mit uns als Person zu tun haben. Letztlich geht es immer wieder um den Traum vom gelingenden Leben. Und Träume haben einen sozialen Kontext. Wer von 44 Ferraris träumt, darf sich fragen lassen, ob es nicht sinnvollere Träume geben mag. Das wirtschaftliche Geschehen kommt durch diesen Zusammenhang in das Feld der sozialen Gestaltung zurück. Und dies fängt an, Wirkung zu zeigen: Unternehmen sprechen – unterschiedlich glaubwürdig – wieder von „sozialer Verantwortung“.

Fragen der Nachhaltigkeit werden teilweise sogar stärker im Wirtschaftsleben als in der Politik aufgegriffen, auch weil die Politik immer wieder schnell auf das Stimmungsbarometer in der Bevölkerung schielt. Insoweit liegt es schon auch an uns, was in der Politik geschieht. Letztlich ist Politik ein Spiegel der Gesellschaft. Wenn also die Gesellschaft den Anspruch auf eine menschlich gestaltete ökologische und soziale Marktwirtschaft formuliert, wird das mit einer gewissen Verzögerung auch zum Gegenstand politischen Handelns.

Wo sehen Sie unser Land wirtschaftsethisch in zwei- bis drei Jahrzehnten und woraus schöpfen Sie Ihre diesbezüglich positiven (oder ggf. auch negativen) Ausblicke?

Die Widersprüche werden uns nicht ausgehen, auch im Blick auf globale Herausforderungen etwa in China oder im Mittleren Osten. Ich erlebe aber in so vielen Bereichen eine ernsthafte Suche nach einem neuen Gleichgewicht, dass ich eher optimistisch bin. Rein wirtschaftlich wird sich in Deutschland der Fachkraftmangel als Treiber für eine Humanisierung der Arbeitswelt, aber auch für neue Zuwanderung auswirken. Die demographische Wende wird dadurch abgemildert. Der bevorstehende Klimawandel verstärkt die Nachfrage nach umweltfreundlichen technischen und sozialen Lösungen. Dass beide Hand in Hand gehen, das verstehen wir in Europa und in Deutschland besonders gut.

*Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel ist Theologe, Philosoph, Unternehmensberater und Wirtschaftspraktiker und analysiert in seiner Publikation: „Die Wirtschaft ist für den Menschen da“ sowohl positive als auch wenig erhellende Seiten des Kapitalismus.

Cover: Patmos Verlag

Cover: Patmos Verlag

Die Wirtschaft ist für den Menschen da

Autor: Ulrich Hermel

Gebundene Ausgabe:192 Seiten
Verlag: Patmos Verlag; Auflage: 1 (27. August 2013)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3843603448
ISBN-13: 978-3843603447

Preis: 19,99 Euro
 
*Vita Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel
Geboren 1956 in Bensheim, Abitur 1974 in Worms, Studium der Kath.Theologie, Philosophie, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Mainz und an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom (lic.rer.soc.), Promotion (1983, „summa cum laude“) und Habilitation (1988) in Regensburg, dort bis heute apl.Prof. für Religionspädagogik; anschließend Tätigkeiten als Unternehmensberater (The Boston Consulting Group), Manager (u.a. Vorstandsvorsitzender Paul Hartmann AG) und Unternehmer (Strategie und Wert GmbH, Rogg Verbandstoffe, Tacon Decor SL).
Seit 2001 Vorstandsvorsitzender „Forschungsinstitut für Philosophie in Hannover“; 2009 Gründung Institut für Sozialstrategie (Berlin-Jena-Laichingen) mit dem Ziel „Impulse für die globale Zivilgesellschaft mit den Schwerpunkten Bildung, Ernergetische Nachhaltigkeit, Globale Ethik, Migration und Rechte von Minderheiten“.

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2 Radler vs. Trump: America first!

Bundesregierung will tausende Lobbypapiere offenlegen

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Tausende Lobbyistenpapiere sollen offengelegt werden. (Foto: ostill / Clipdealer. de)


 
In den bislang unveröffentlichten Papieren haben Lobbyisten ihre Wünsche und Forderungen zu rund 600 Gesetzesvorhaben der Bundesregierung aus dieser Legislaturperiode formuliert. Die zahlreichen Anträge auf Herausgabe der Papiere hatte die Bundesregierung in Zugzwang gebracht. Seit Mitte Juni hatten die Ministerien so viele Anträge auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) erhalten und abzuarbeiten wie im gesamten Jahr 2016, was einen enormen Verwaltungsaufwand bedeutet.

“Zusammen mit vielen Bürgerinnen und Bürgern haben wir die Bundesregierung dazu bewegen können, das Gesetzgebungsverfahren transparenter zu machen.  Nun erfährt die Öffentlichkeit endlich, was in den Stellungnahmen der Lobbyisten steht und ob diese womöglich Eingang in Gesetze gefunden haben,”

so abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack am Dienstag.

Im Rahmen von #GläserneGesetze hatten abgeordnetenwatch.de und FragDenStaat.de wurden rund 17.000 Fälle aus der aktuellen Legislaturperiode zusammengetragen, in denen die Bundesministerien sowie das Kanzleramt Interessenvertreter um Stellungnahmen zu geplanten Gesetzentwürfen gebeten haben. Aufgrund der schieren Menge an Dokumenten appellierte Hackmack an Bürger, Journalisten und Informatiker, an der Auswertung und Analyse mitzuwirken.

“Wenn jetzt viele Menschen mithelfen, können wir bis zur Bundestagswahl zeigen, ob und wo Lobby-Forderungen in Gesetze eingeflossen sind.”

Arne Semsrott, Projektleiter von FragDenStaat.de äußerte:

“Wir freuen uns sehr, dass die Bundesministerien dem öffentlichen Interesse nachgeben. Jetzt sollten sie festlegen, dass auch nach der Wahl alle neuen Gesetzentwürfe und Lobby-Stellungnahmen aktiv veröffentlicht werden. Sonst müssen die Bürgerinnen und Bürger selbst für Transparenz sorgen und die Dokumente anfordern.”

Die beiden Transparenzinitiativen verlangten darüber hinaus gesetzliche Transparenzregelungen. „Es muss klar sein, dass die jetzige Veröffentlichung nur ein erster Schritt sein kann. Nach der Wahl muss endlich ein Transparenzgesetz beschlossen werden, durch das sichtbar wird, welche Lobbyisten an einem Gesetz mitwirken“,

so abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack.

abgeordnetenwatch.de hatte im Februar 2017 einen Gesetzentwurf für ein verbindliches Lobbyregister vorgelegt.

Sämtliche Dokumente werden voraussichtlich auf den jeweiligen Websites der Ministerien öffentlich gemacht.

“Wir werden die Dokumente dann zentral auf der Plattform www.stellungnah.me“ target=“_blank“>stellungnah.me veröffentlichen und durchsuchbar machen”,

so Arne Semsrott von FragDenStaat.

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EZB bremst den Ausstiegsbammel

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EZB

Steht mittelfristig ein Ausstieg aus den Wertpapierkäufen bevor? (Foto: ECB European Central Bank)


 
Auf ihrer letzten Ratssitzung hat die ‎EZB den Ausstieg aus ihren Wertpapierkäufen nicht weiter vorbereitet. Nachdem sie im Juni die Option niedrigerer Leitzinsen aus ihrer Forward Guidance entfernt hatte, beließ sie es bei ihrem bisherigen Hinweis, ihr Kaufprogramm im Bedarfsfall auszuweiten. Laut EZB-Präsident Mario Draghi ist dieser Beschluss vom Rat einstimmig getroffen worden. Die Notenbank erklärte, dass sich das gute BIP-Wachstum erst in höheren Inflationsraten niederschlagen muss.

Abruptes wird nicht angestrebt

Draghi hatte die Finanzmarktakteure jüngst mit der Äußerung aufgeschreckt, deflationäre Kräfte würden bald von inflationären abgelöst. In der Folge waren die Erwartungen an einen baldigen Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik stark gestiegen. Diesen Ballon, der die Marktreaktion aus unserer Sicht hatte testen sollen, fing Draghi heute wieder ein. Er machte klar, dass die EZB beim Ausstieg geduldig und beharrlich sein müsse. Dieser Marschroute folgend beabsichtigt die Notenbank weiterhin, bis Ende 2017 monatlich Wertpapiere in Höhe von 60 Mrd. € zu kaufen und die Leitzinsen erst deutlich nach dem Ende des Kaufprogramms anzuheben. Da sie ein abruptes Ende für letzteres nicht anstrebt, wird 2018 also weitergekauft.

Mit ihrer Vorsicht beabsichtigt die EZB, einen für Anleger und Staaten schmerzhaften Renditeanstieg bei Staatsanleihe („Taper Tantrum“) zu vermeiden. Ein zügig sinkendes Kauftempo oder gar eine Leitzinswende dürfte sie daher weiter nicht ins Schaufenster stellen. Alles in allem passt das Vorgehen der EZB zu ihren niedrigen Inflationsprojektionen (2017/18/19: 1,5 %, 1,3 %, 1,6 %). Mehr noch: Ihrer bisherigen Logik folgend müsste sie ihr Kauftempo sogar steigern, da sie selbst prognostiziert, dass die Inflationsrate das Preisziel von knapp unter 2 % noch lange nicht erreichen wird. Ursache ist das schwache Lohnwachstum aufgrund der Unterauslastung am Arbeitsmarkt. Da die EZB ihr Tempo aber beibehält, wird das kaufbare Material (v. a von Bundesanleihen) 2018 wohl tatsächlich knapp werden. Die Ausstiegsdebatte dürfte daher bereits auf der Ratssitzung am 7. September zurückkehren.

Klassisches Tapering wird nicht erwartet

Auch wenn es heute etwas weniger wahrscheinlich geworden ist, erwarten wir weiter, dass die EZB im Zuge eines graduellen Ausstiegs im September ankündigen wird, das Kaufvolumen ab Januar um 20 Mrd. € zu senken. Ein klassisches Tapering, bei dem erklärt wird, wie die Käufe in einem bestimmten Zeitraum auf null senkt werden, erwarten wir nicht. Der Ausstieg wird sich wohl bis Ende 2018 hinziehen.

  • Verweis:
    Interview mit Dr. Alexander Krüger, Bankhaus Lampe:
    Die Enteignung findet bereits statt
  •  
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    Ist die Bundestagswahl schon entschieden?

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    Ist die Bundestaswahl 2017 schon längst entschieden? (Foto: Bernd Leitner / Clipdealer.de)


     
    Umfrageinstitute und Medien geben ihr Bestes und inszenieren die bevorstehende Bundestagswahl 2017 als einen Selbstläufer. So orakelte die FAZ bereits Mitte Juni auf der Grundlage eines wissenschaftlich erhobenen Prognosemodells, CDU und CSU könnten bei der Bundestagswahl im Herbst mit einem deutlichen Sieg rechnen. Sogar die Ergebnisse liegen schon bereit. Demnach erhalten CDU/CSU 35,1 Prozent. Die SPD hingegen muss sich mit 26,1 Prozent begnügen. Auch Telepolis, ein Onlinemagazin des Heise Zeitschriften Verlags, fackelte nicht lange herum und verkündete erst vor wenigen Tagen:

    „Die Deutschen wollen Merkel und die Union. Schulz und die SPD werden keine Chancen haben bei der Bundestagswahl, die Zukunft wird schwarz getönt sein.“

    Grundlage dieser Behauptung liefert FORSA. Etwas vorsichtiger tappst der Stern medial durch die Gegend. Verängstigt stellt das Magazin die schier unfassbare Frage: „Angela Merkel – wer folgt auf die ewige Kanzlerin?“. Doch schnell rudert das Blatt angesichts einer derart vorlauten No-Go-Frage zurück und relativiert:

    „Die Personal-Palette, die in der CDU für diese Aufgaben zur Verfügung steht, ist recht übersichtlich.“

    Die Kanzlerin selbst, so wird hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, richte sich politisch ebenfalls überwiegend nach aktuellen Umfrageszenarien aus. Die aalglatte Wendigkeit kann ein machtvolles Erfolgsrezept sein. Vorbild vieler Medien in Sachen Hellsichtigkeit mag auch der Bund sein, der „im Stillen“ vermeintlich hundertfach die Meinungsforscher beauftragt. Tatsache oder Fake? Angesichts des Hypes um Erhebungen, Vorhersagen & Co. wäre jedenfalls mehr Vorsicht geboten. Nicht erst seit der Wahl des amerikanischen Präsidenten oder dem Brexit liegen Experten aus dem kommerziellen Umfragemilieu demoskopisch komplett daneben. Genau genommen gehören ständige Verlautbarungen von vermeintlich hieb- und stichfesten Umfrageergebnissen in die Abteilung Wahlbeeinflussung. Vielleicht sind sie deshalb so beliebt.

    Um festzustellen, dass noch alles offen ist, braucht es keine hellseherischen Fähigkeiten. Der Wähler, da gibt es einen breiten Konsens, ist und bleibt das unbekannte Wesen. Mitunter vollzieht er (wie unsere Kanzlerin) abrupt und schroff eine komplette Kehrtwende. Gründe, um der viel gelittenen Alternativlosigkeit die Stirn zu bieten, gibt es allemal. Etwa in Hinblick auf die nicht gelöste Flüchtlingskrise, Wohnraumnot in Ballungszentren, Rentendesaster und Lösungsansätzen hinsichtlich unserer modernen Arbeitswelt.

    Stichworte hier sind Arbeitszeitverkürzungen als logische Folge des erzielten Fortschritts und die Einführung eines Grundeinkommens zwecks Entkoppelung von Arbeit und Einkommen. Beides sind Zukunftsprojekte, für die sich ein Kampf lohnt. Bei den etablierten Parteien stoßen diese Themen jedoch auf so wenig Interesse, wie Lust auf einen echten Wahlkampf besteht. Wo also bleibt das Feuerwerk der Ideen und der Enthusiasmus einer Aufbruchstimmung? Noch bleibt Zeit für Bewegung. Die Bundestagswahl ist noch längst nicht entschieden.
     

    Bundestagskandidaten 2017

    Mit der Nutzung des nachfolgenden Kandidaten-Tools, das von unserem Medienpartner abgeordnetenwatch.de zur Verfügung gestellt wird, erfahren Sie mehr über die Kandidierenden für die kommende Bundestagswahl und können Fragen direkte an Politiker Ihrer Wahl stellen.

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    Bedingungsloses Grundeinkommen – Beiträge auf einen Blick

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    Das Bedingungsloses Grundeinkommen ist längst überfällig. (Foto: Clipdealer.de)

    Bedingungsloses Grundeinkommen – unbezahlbar oder längst überfällig? (Foto: Clipdealer.de)

    An dieser Stelle erhalten Sie einen Überblick über alle bisher zu diesem Thema erschienenen Beiträge. Sie haben Fragen und Anregungen? Schreiben Sie uns: redaktion[at]spreezeitung.de

    Daniel Häni und Philip Kovce erläutern in Ihrer Publikation das Modell „Bedingungsloses Grundeinkommen Schweiz:

    Grundeinkommen – Was fehlt, wenn alles da ist?

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    Interview mit dm-Gründer Götz W. Werner:

    Bedingungsloses Grundeinkommen: Blockieren Union und SPD den Fortschritt?

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    Interview mit Katja Kipping (DIE LINKE):

    „Ich streite schon über 15 Jahre für ein Grundeinkommen“

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    Interview mit dem Glücksforscher und Volkswirt Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel:

    Bedingungsloses Grundeinkommen muss nicht das ganze System umkrempeln

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    Interview mit Reimund Acker, der seit 2008 im Netzwerkrat des 2004 gegründeten überparteilichen Netzwerks Grundeinkommen arbeitet:

    Grundeinkommen wird spätestens 2021 wahlentscheidendes Thema

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    Statement von Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (MdB), Abgeordneter und sozialpolitischer Sprechers der Grünen:

    Grundsicherung darf nicht angetastet werden

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    Infos und Fragen an Kandidaten für den Bundestag

    Bundestagsabgeordnete – die unbekannten Wesen

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    Das Abstimmungsverhalten der Bundestagsabgeordneten unter der Lupe. (Foto: Clipdealer.de)


     
    abgeordnetenwatch.de bringt Licht in das Dunkel. Hierzu hat die Transparenz- und Beteiligungsplattform ein Online-Tool veröffentlicht, mit dem Bürgerinnen und Bürger „Plakate“ mit dem Abstimmverhalten der Bundestagsabgeordneten aus den letzten vier Jahren generieren können: Link zum Wahlplakat-Tool.

    „Das Problem mit den Wahlplakaten der Abgeordneten ist: Auf ihnen wird allerhand versprochen, Doch wie sieht es mit den Taten aus?“

    so abgeordnetenwatch.de-Sprecher Roman Ebener.

    Mit dem neuen Tool #wahrplakat kann das Abstimmverhalten eines Abgeordneten in einer Grafik dargestellt und dann zum Beispiel in den Sozialen Netzwerken geteilt werden. Einige Beispiele erhalten Sie unter folgendem Link:

    Angela Merkel (CDU)

    Andrea Nahles (SPD)

    Renate Künast (Grüne)

    Um ein #Wahrplakat zu erstellen, wählt man zunächst eine Politikerin oder einen Politiker aus (mit Namenssuche), anschließend können bis zu 5 Abstimmungen angeklickt werden. Die Ergebnisse werden als „Plakat“ der Abgeordneten dargestellt und lassen sich so auch leicht im Internet verbreiten. Die Daten stammen aus den von abgeordnetenwatch.de dokumentierten namentlichen Abstimmungen der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages: Zu den Abstimmungen.

    „Wir möchten erreichen, dass Bürgerinnen und Bürger sich ein Bild davon machen, wie ihre Wahlkreisabgeordneten im Bundestag gestimmt haben und dies kritisch hinterfragen“,

    so Ebener. Über abgeordnetenwatch.de können seit vergangener Woche mehr als 2.400 Direktkandidierende zur Bundestagswahl öffentlich befragt werden.

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    Scheinheiligkeit als größte Blase des 21. Jahrhunderts

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    Im Angesicht gesellschaftlicher, politischer sowie finanz- und marktrelevanter Fehlentwicklungen ermutigte Prof. Dr. Thomas Druyen in seiner bereits 2012 im MAXLIN Verlag erschienen Buch „Krieg der Scheinheligkeit„, den Schleier der stark verbreiteten Scheinheiligkeit zu zerreißen. Auf seinem spannend und sehr informativ gezeichneten Weg dorthin entpuppt sich diese allzeit präsente Scheinheiligkeit als Geißel und „größte Blase des 21. Jahrhunderts“. Nachgefragt: Im Gespräch mit Prof. Dr. Thomas Druyen.

    Herr Prof. Druyen, Sie haben Ihre Publikation „Krieg der Scheinheiligkeit“ den „Treuen und Authentischen“ unter uns gewidmet. Sterben Eigenschaften wie etwa Geradlinigkeit und Glaubwürdigkeit Ihrer Ansicht nach zunehmend aus?

    Prof. Dr. Thomas Druyen (Fotos: Markus Feger)

    Prof. Dr. Thomas Druyen (Fotos: Markus Feger)

    Tugenden und Werte sind sicherlich weiterhin vorhanden. Aber es wird immer schwieriger, sie umzusetzen und durchzuhalten. Allein die Aufrichtigkeit stößt an ihre Grenzen, solange politische und ökonomische Interessen, Geldwahn und Vorteilswahrung die Gesellschaften dominieren.

    Wo nur der Erfolg und der Selbstnutzen im Vordergrund stehen, sind Werte leider eher Sand im Getriebe. Diese Struktur führt zwangsläufig zur Heuchelei.

    Mit Ihrem Buch sprechen Sie die Scheinheiligkeit an, die sich praktisch wie eine Seuche verbreitet.

    Die Vortäuschung falscher Tatsachen ist zu einem Grundmuster der öffentlichen Kommunikation geworden. Das Spektrum reicht von harmloser Beschönigung, Hochstapelei, Amtsmissbrauch bis hin zur vorsätzlichen Verschleierung von Finanzkrisen, Waffenhandel und Parallelwelten. Ob Dopingskandale, Korruptionsaffären oder despotisches Herrschaftsgebahren, solange der Zweck die Mittel heiligt, hat der Schein als systemischer Deckmantel Hochkonjunktur. Nehmen wir nur die vielen Skandale und Skandälchen der letzten zwölf Monate – und da hat jeder Leser sofort viele Bilder im Kopf – spüren wir die Krake der Scheinheiligkeit. Dies betrifft aber nur bekannt gewordene Entlarvungen. Es liegt in der Natur der Scheinheiligkeit Nebelkerzen zu werfen und Ablenkungsmanöver zu starten. Daher ist uns der Großteil dieser manipulativen Strategie gar nicht bewusst. Und genau das macht sie zum Virus und zum Gift.

    Worin liegen die Ursachen und warum verstärkt sich dieser Trend zunehmend?

    Sicher nicht, weil der Mensch an sich schlechter geworden ist. Aber seine Verführbarkeit ist enorm gewachsen, weil jene, die sich weltweit vor allem in einem wohlhabenden Umfeld befinden, immer stärker von äußeren Statuszielen anlocken lassen. Diese individuelle und kollektive Blendung hat ihre Ursache in einer fast religiösen Aufwertung von Geld, Erfolg und Wachstum. Drei zentrale Scheinheiligkeiten dokumentieren wie weit sich Illusion und Wirklichkeit schon voneinander verabschiedet haben: Erstens wird zwar von einer Weltgesellschaft mit sieben Milliarden Menschen gesprochen, aber de facto haben höchstens zwei Milliarden Zugang zu dieser Lebensqualität.

    Zweitens erzielt die Realwirtschaft nur ein Viertel jener Umsätze, die der Finanzsektor erreicht. Das bedeutet, dass nur ein winziger Teil von Banken, Unternehmen und Netzwerken noch in der Lage ist, gewinnbringend am großen Spiel teilzunehmen. Und drittens leben zwar alle Nationen im 21. Jahrhundert, aber ihre kulturellen, religiösen, sozialen, politischen und ökonomischen Entwicklungsstufen sind teilweise Jahrhunderte voneinander entfernt. Insofern ist es eine lächerliche Illusion von einer souveränen Weltpolitik zu sprechen. Vor diesem Hintergrund unzähliger Unvereinbarkeiten wurde die Scheinheiligkeit zu einem Medium der Macht und der Ohnmacht.

    Nimmt auch in der Politik das Phänomen „Scheinheiligkeit“ zu und ist das dann nicht ein gefährliches Unterfangen?

    Es ist sicherlich gefährlich und furchteinflößend, wenn die von uns gewählten Repräsentanten die Wirklichkeit nur aus ihrer parteipolitischen Perspektive betrachten. Etwas augenzwinkernd wäre es ja auch nicht ratsam, wenn in der Bundesliga ein Vertreter der Heimmannschaft als Schiedsrichter auftreten würde. Wenn man Politik betreibt, um letztlich Wahlen zu gewinnen, kann man seine Aufgabe nicht mit der nötigen Distanz wahrnehmen. Das politische und kulturelle Management eines Landes muss sich als Vertretung aller verstehen. Wer nur Klientelpolitik betreibt, ist im letzten Jahrhundert stehen geblieben. Bei den vielen chaotischen und kernlosen Botschaften von Politikern aus allen Parteien scheint dies aber genau der Fall zu sein. Viele Vorkommnisse der letzten Monate dokumentieren eindeutig, dass die Scheinheiligkeit in der Politik zu Hause ist.

    Wie erklären Sie sich das Phänomen, wenn sich Politiker, die vom Volk beauftragt sind, in ihrem Denken, Handeln und in der Entscheidungshaltung verselbständigen und vom eigentlichen Willen des Volkes abwenden?

    Dies ist sicherlich keine vorsätzliche Abwendung. Vielmehr entspricht es einer strukturellen und psychologischen Überforderung. Der Raum um eigenständige Politik zu machen, ist sehr eng geworden. Schulden, Finanzkrisen, Währungsprobleme und das Schmieden politischer Allianzen sind ein ständiger Drahtseilakt. Da hat man Angst vor dem großen Wurf und sucht Sicherheit in Detailfragen. Da ist es nicht verwunderlich, dass man um den heißen Brei herumredet. Die Tragik liegt darin, dass die Politik den komplexen Verhältnissen hinterherhinkt ohne sie wirklich noch proaktiv gestalten zu können. Da ist das Verfolgen eigener Interessen zwangsläufig, fast wie ein Weg zur Selbstorientierung.

    Sie plädieren dafür, sich wieder mehr dem gesunden Menschenverstand zuzuwenden. Quasi als Notwehr bzw. Waffe gegen die zunehmende Scheinheiligkeit?

    Die systemische Scheinheiligkeit ist zurzeit die Antwort und der Ausdruck unserer Ohnmacht.  Niemand weiß genau wie diese globale und voneinander abhängige Welt richtig gestaltet werden soll.  In diesem geistigen Vakuum kann ein gesunder Menschenverstand erste Anhaltspunkte bieten. Demnach ist zum Beispiel jedem klar, dass ein bestimmtes Maß an Verschuldung zum Untergang führt. Dass auch starke Länder nicht alle Probleme der anderen schultern können. Dass jedes System, jede Kultur, jede Firma und jeder Mensch eigene Interesen verfolgt. Wenn wir allein diese drei allen verständlichen Einsichten mit der Wirklichkeit abgleichen, sehen wir sofort, wie weit wir von einem vernünftigen Weg abgekommen sind. Insofern kann ein gesunder Menschenverstand gerade jetzt als Kompass dienen. Aber auch hier ist zu berücksichtigen, den einen gesunden Menschenverstand gibt es nicht – das wäre ja diktatorisch. Wir müssen einen gemeinsamen gesunden Menschenverstand suchen, der ein Mindestmaß an Fairness für alle beinhaltet.

    Die noch immer schwelende Euro- bzw. Finanzkrise verursacht in der breiten Bevölkerung eine Ohnmacht, die bedenklich ist. Lassen sich auch hier die Problematiken relativieren, wenn bei jedem einzelnen Bürger der gesunde Menschenverstand deutlicher zum Zuge kommt?

    Es ist eher die Ohnmacht der Mächtigen, die die Ohnmacht der Bürger hervorruft. Im alltäglichen Leben ist ein gesunder Menschenverstand ständig aktiv, ohne ihn könnten wir gar nicht überleben. Sehen Sie nur den Straßenverkehr: neben den Regeln ist es der Wille der Einzelnen sich einzufädeln, der das Ganze nicht zum vollkommenen Chaos führt. Als Bürger müssen wir von den Politikern und Konzernlenkern viel mehr Verantwortung fordern als Konzernzahlen, Krisenerläuterungen und scheinheiliges Palaver.

    Um zu erfolgreichen Ergebnissen zu kommen, müsste der gesunde Menschenverstand vor allem auch bei den Politikern dominieren. Ist ein solches Zusammenspiel nicht fast aussichtslos angesichts der Abschottung, die Politik ja durchaus praktiziert?

    Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Mit der gegenwärtigen Geistesverfassung  werden die Probleme nur verschärft. Glauben wir Albert Einstein, der sagte, dass man mit der gleichen Art und Weise, mit der Probleme erzeugt wurden, sie nicht lösen kann.  Wir müssen uns verwandeln.

    Wer Ihr Buch aufmerksam liest, der erfährt, dass Ihnen der Weg hin zur „Konkrethik“ sehr am Herzen liegt. Was ist im Wesentlichen darunter zu verstehen?

    Dies ist meine Vorstellung eines Weges, der zur notwendigen Verwandlung führen könnte. Jahrtausendelang hat uns die Ethik wunderbare Ideale und Anregungen geschenkt. Aber jetzt haben wir keine Zeit mehr. Nun kommt es darauf, was wir konkret daraus machen. Das meine ich ganz skizzenhaft mit Konkrethik. Im Prinzip geht es um die praktische Aufrichtigkeit, mit bestem Gewissen etwas verantwortungsbewusst zu Ende zu bringen und umzusetzen. Konkrethik ist die Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns. Nicht mehr Versprechen und Ankündigungen sind gefragt, sondern definitive Ergebnisse. Wir haben erst dann gelernt, etwas richtig zu machen, wenn wir es richtig gemacht haben. In meinem Buch wird diese Idee anschaulich gemacht.

    Sie sind Professor für Vergleichende Vermögenskultur und Vermögenspsychologie an der Sigmund Freud Universität in Wien und haben Millionäre bzw. Milliardäre interviewt. Welche Schlüsse konnten Sie daraus in Hinblick auf „Konkrethik“ bei sehr vermögenden Zeitgenossen ziehen?

    Auch die allermeisten Vermögenden wissen, dass die wichtigsten Dinge im Leben mit Geld nicht zu bezahlen sind: Gesundheit, Liebe und Glück. Und ebenso wird den Meisten immer bewusster, dass eine Welt mit einer Handvoll Privilegierter und einem Heer Chancenloser absolut kein Zukunftsmodell sein kann. Insofern ist die Konkrethik ein Modell für alle Menschen, alle Milieus und auch für alle Kulturen.

    Wir möchten die Publikation „Krieg der Scheinheiligkeit“ ausdrücklich empfehlen. Fehlentwicklungen und Probleme der Zeit werden schonungslos angesprochen und  durchweg authentisch kommentiert. Darüber hinaus wird der Leser stark einbezogen und aufgefordert, sich in die Denkprozesse einzuklinken. Ein Buch mit sehr viel Mehrwert und gekonnt geschrieben.  Was wünschen Sie sich persönlich im Sinne eines Effekts der Nachhaltigkeit Ihrer Publikation?

    Vielen Dank für Ihre Einschätzung und Ihr Kompliment. Nach ebenso ermutigenden Reaktionen von Lesern habe ich die stille Hoffnung, dass es in so viele Hände und Köpfe gerät wie nur möglich. Damit meine ich weder Interessen am Marketing noch an der Person des Autors, sondern an der Chance, dass sich jeder Leser seines eigenen gesunden Menschenverstandes vergewissern kann.

     
    Krieg der Scheinheiligkeit

    BUCHEMPFEHLUNG:

    Krieg der Scheinheiligkeit
    Autor: Thomas Druyen

    MAXLIN Verlag 288 Seiten

    ISBN: 978-3981414141
    Preis: 24,90 Euro
    Fotos Th. Druyen: Markus Feger
    Buchcover: MAXLIN Verlag

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    Digitalisierung und der Erfolgsfaktor Kreativität

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    Wie können wir mit der Digitalisierung Schritt halten? (Foto: wavebreakmediamicro / Clipealer.de)


     
    Wenn wir den Verheißungen der IT-Giganten des Silicon Valley wie Google oder Facebook Glauben schenken, dann wird es in wenigen Jahren möglich sein, die Grenze zwischen organischer und künstlicher Intelligenz zu überwinden und menschliche Gehirne direkt mit Computern und Datennetzen zu verbinden.

    So weit sind wir noch nicht, aber die Welt der Arbeit tangiert es schon jetzt: Hier schreitet die Digitalisierung rasant voran, und mit ihr kommen Robotisierung und Cyborgisierung. Kein Zweifel ist mehr möglich: Die Arbeit, wie wir sie kannten, wird zur Ausnahme werden. Was man heute Industrie 4.0 nennt, gibt einen Vorgeschmack darauf. Vielen macht diese Entwicklung Angst – aus verständlichen Gründen. Mehr als Angst einzuflößen, sollte sie uns jedoch zu denken geben und Fragen aufwerfen: Welche Chancen liegen in dieser Dynamik? Was macht sie mit uns Menschen? Vor allem aber: Wie können wir mit ihr Schritt halten?

    Erkenne dich selbst!

    Diese Fragen sind nicht unerheblich. Dass sie überhaupt gestellt werden, lässt sich als Symptom dafür deuten, wie gravierend die Epochenschwelle ist, an der wir uns befinden. Denn tatsächlich stellt die Entwicklung – nicht nur der Informationstechnologie, sondern auch der Biotechnologie, der Gentechnik, der Nanotechnologie– unser Selbstverständnis radikal in Frage. Sie nötigt dazu, uns darauf zu besinnen, wer wir eigentlich sind.

    Die Chancen für ein neues, avanciertes Verständnis des Menschseins stehen gar nicht schlecht – zumindest dann nicht, wenn wir der Versuchung widerstehen, uns nach Maßgabe unserer Maschinen zu deuten. Wer solches tut – und leider neigen dazu viele Menschen – kann eigentlich nur noch misanthropisch, denn er wird nicht umhinkommen, die unwiderrufliche „Antiquiertheit des Menschen“ (Gunter Anders) zu konstatieren und die Mangelhaftigkeit des Menschenwesens zu beklagen.

    Descartes Irrtum

    Groß ist diese Versuchung deshalb, weil sich der Mensch der Neuzeit seit den Tagen eines René Descartes angewöhnt hat, seinen Stolz und seine Würde auf seine Rationalität zu gründen. „Ich denke, also bin ich“, sprach der Denker – und ebenso mögen die Wunderwerke der Künstlichen Intelligenz bald reden und uns beweisen, dass sie nicht nur sehr viel schneller, besser, effizienter denken können, sondern deshalb auch die besseren Menschen sind. Auf dem Feld des Denkens brauchen wir mit den Maschinen, die wir bauen, nicht zu konkurrieren. Dabei können wir nur verlieren.

    Wie aber, wenn Descartes Sicht auf den Menschen in die Irre führt? Wie, wenn es nicht das Denken ist, das Menschen eigentlich zu Menschen macht? Was könnte sonst den Adel unserer Spezies auszeichnen. Descartes gibt uns noch eine andere Antwort, wenn er sagt, des Menschen Würde liege darin, als „Herr und Meister“ über die Natur zu herrschen. Als Homo Faber, als ein Macher und als Produzent, erfülle sich das Menschsein; was der modernen Misanthropie freilich nur weitere Nahrung gibt: Denn was das Können und die Effizienz der Produktion und Kalkulation angeht, sind uns schon die Roboter von heute himmelweit überlegen.

    Menschsein erfüllt sich im Spiel

    Wir können weder auf dem Feld der Technik noch auf dem des Denkens und Berechnens mit Maschinen konkurrieren. Was also bleibt vom Menschen? Ein Vorschlag kommt – nicht zufällig – von einem unserer großen Dichter. Die Rede ist von Friedrich Schiller, denn er war es, der einst sagte, der Mensch sei eigentlich nur da ganz Mensch, wo er spiele – denn wo er spielt, da ist er schöpferisch, da ist er kreativ. Und eben darin liegt das entscheidende Alleinstellungsmerkmal des Menschen, das ihn nicht nur von allen anderen Wesen unterscheidet, sondern auch von den Maschinen, die er sich geschaffen hat: in seiner Kreativität.

    So sah es nicht erst Schiller, so sah es schon einer der größten Vordenker der Renaissance: Giovanni Pico della Mirandola behauptete in seiner Rede über die Würde des Menschen von 1487, das Wesen eines Menschen erfülle sich darin, sich wie ein Künstler zu seinem eigenen Leben zu verhalten und seinem Schöpfer darin zu entsprechen, selbst schöpferisch zu sein. Wobei sich Pico dessen wohl bewusst war, dass künstlerisches Schaffen etwas völlig anderes ist als die technische Herstellung, die unsere Maschinen so gut beherrschen: dass künstlerische Kreativität nichts anderes ist als Spielen.

    Unser Gehirn ist ein Spielzeug

    Was Schiller ebenso wie Pico ahnte, findet heute durch die Hirnforschung Bestätigung: Das menschliche Gehirn ist keineswegs – wie es der Homo Faber gerne hätte – ein gutes, dabei gleichwohl optimierbares Instrument zweckrationaler und nutzenorientierter Kalküle, sondern ein Spielzeug. Gewiss kann es auch von der instrumentellen Rationalität vereinnahmt werden, aber eigentlich wird es dadurch missbraucht, denn zu Höchstform läuft es erst dann auf, wenn es spielen darf. Dann erst zeigt sich, was in ihm steckt: ein unerschöpfliches Potenzial an Kreativität.

    Der Grund dafür ist längst bekannt, denn niemand kommt auf eine neue, kreative Idee, wenn er sich anstrengt, wenn er sich unter Druck gesetzt fühlt oder von starken Affekten getrieben ist. Vielmehr haben Menschen nur dann kreative Einfälle, wenn sie ohne Druck, frei und unbekümmert, also spielerisch in der Lage sind, ihre Gedanken einfach laufen zu lassen und abzuwarten, was sich dann wie von selbst zusammenfügt. Bei manchen passiert das unter der Dusche, bei manchen im Bett oder beim Spazierengehen. Zweckfrei und absichtslos, also spielerisch, sind sie mit ihren Gedanken unterwegs.

    Mäander statt Kanäle

    Zweckfreiheit und Absichtslosigkeit sind freilich das genaue Gegenteil dessen, was die instrumentelle Vernunft verlangt, die unsere Arbeitswelt beherrscht. Ihr geht es um Effizienz und Zielstrebigkeit. Für ihren Workflow gräbt sie am liebsten grade Kanäle. Das erscheint ihr rational. Ganz anders die Intelligenz des Spiels. Ein Spielfluss lässt sich nicht kanalisieren. Er mäandert durch die Spielzeit. Er fließt langsamer, doch in seinen Windungen und Biegungen gedeihen jene Biotope, in denen sich das Leben entfaltet.

    Kreativität keimt nicht an funktional-optimierten, glatten Kanalwänden, sondern im chaotischen Urwald der Flussauen. Denn in solchen Spielräumen muss der Mensch nicht funktionieren. Hier kann er sich ausprobieren und Optionen durchspielen. Indem er spielerisch so tut als ob lernt er an sich Facetten kennen, für die in einem funktionalen Umfeld kein Platz ist. In zweckfreien Spielen – und nirgends sonst – erschließt sich jene kostbare Ressource, der wir das eigentlich Humane unseres Menschseins schulden: der schöpferische Geist. Er bleibt der USP des Menschen. Computer werden immer besser und schneller rechnen als wir. Aber sie werden nie so unberechenbar sein. In der Unberechenbarkeit aber keimt aller Schöpferkraft.

    Wir sollten also ob den Szenarien des großen Triumphes von Künstlicher Intelligenz und Robotik nicht kleinlaut und ängstlich sein. Im Gegenteil: Sie sollten uns ermutigen, unseren Fokus auf das zu legen, was Menschen immer von Computern unterscheiden wird: unseren unberechenbaren Schöpfergeist. So lange ein Roboter nicht Fußball spielt wie Thomas Müller oder dichtet wie ein Hölderlin, besteht kein Grund zur Sorge um den Fortbestand der Menschlichkeit. Wenn wir jedoch den Geist des Spiels und der Kultur verkümmern lassen – wenn wir den Geist der Kreativität auf dem Altar unsere IT-Begeisterung opfern – dann ist es schlecht um uns bestellt; nicht nur um unsere persönliche Würde, sondern auch um unsere Ökonomie. Denn gerade dort wird künftig niemand mehr erfolgreich sein, der nur bestehende Prozesse optimiert und immer gerade Kanäle gräbt; sondern wer seinen Workflow so mäandern lässt, dass wirkliche Innovation erspielt wird.

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    Syrien: Siegen heisst, den Tag überleben

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    Petra Ramsauer zählt zu den wenigen Reporterinnen, die noch nach Syrien reisen können. Immer wieder bereiste sie Zentren der Kämpfe wie etwa Aleppo. Orte, in denen sich nach Meinung vieler der Krieg entscheidet. In Daraya und anderen Städten, in denen Menschen abgeschnitten von der Außenwelt unter schwierigsten Bedingungen leben, hungern und oftmals umkommen.

    Ramsauer traf Ärzte, die unter Bombenhagel und in ständiger Lebensgefahr verzweifelt versuchen, Menschenleben zu retten. Sie traf Kommandanten der Opposition und führte mit ihnen Interviews und sie sprach mit Aktivisten, die Syrien trotz aller Gewalt in einen Rechtsstaat verwandeln wollen. Daneben führte sie Gespräche mit Vertretern des Regimes, Extremisten, die hier ihren „Dschihad“ führen und mit Menschen, die sich längst nicht mehr vertreten fühlen.

    „Wer während des Krieges nach Syrien fährt, kommt verändert zurück. Das sagen viele, die es wagten. Reporter, medizinisches Personal, humanitäre Helfer. Die Ereignisse dort führen einem vor Augen, zu welchen bestialischen Gräueltaten Menschen fähig sind. Aber sie zeigen auch, wie viel Widerstandsfähigkeit und Durchhaltevermögen in Menschen stecken kann. Das beweisen jene, die auch nach sechs Jahren Krieg weiterhin an eine demokratische Zukunft in dem Land glauben. „Siegen heißt, den Tag überleben, sagte mir einer dieser Aktivisten im Herbst 2016, als Aleppo belagert und einem unvorstellbaren Bombenhagel ausgesetzt war.“

    Petra Ramsauers dramatische Reportagen ergreifen nicht Partei: außer für die Menschlichkeit. Fest steht nach sechs Jahren Krieg nur eins: Egal, wer den Krieg gewinnt, verlieren werden ihn die vielen Millionen Menschen, die vor den Trümmern ihres Lebens stehen.

    (Leseprobe)

    Cover: KS-Verlag

    Die Autorin:
    Petra Ramsauer studierte in Wien Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Nahost, in Paris Journalismus. Nach Stationen beim ORF, bei Kurier und News, wo sie das Auslandsressort leitete, arbeitet sie seit 2009 als Autorin und freie Journalistin, u.a. für profil, Wiener Zeitung, Ö1, den Schweizer Rundfunk und Zeit online. Mehrere Preise, u.a. 2014 den Concordia-Preis für Menschenrechte. Im Vordergrund ihrer Tätigkeit steht seit 20 Jahren Krisen- und Kriegsberichterstattung, vor allem aus dem Nahen Osten. Seit 2011 berichtet sie aus Libyen, Ägypten, dem Irak und schwerpunktmäßig aus Syrien.

    Siegen heisst, den Tag überleben
     
    Autor: Petra Ramsauer
    Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
    Verlag: Kremayr & Scheriau; Auflage: 1 (20. Januar 2017)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3218010608

     

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    CRISPR Babys: Gentechniker überschreiten neue Hemmschwelle

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    „Wo in der Welt könnte das erste CRISPR-Baby geboren werden?“(Foto: kamsta / Clipdealer.de)


     

    Foto: Lars Jaeger

    Vor mehr als zwei Jahren, im Mai 2015, stellte das WissenschaftsFachmagazin Nature in einem Artikel unter dem gleichnamigen Titel eine wichtige Frage: „Wo in der Welt könnte das erste CRISPR-Baby geboren werden?“ („Where in the world could the first CRISPR baby be born?”). Indem es Experten und Regierungsstellen in 12 Ländern, die jeweils über eine gut finanzierte biologischer Forschungslandschaft verfügen, befragte, versuchte das Magazin, einen Quervergleich der verschiedenen Rechtslandschaft bzgl. Gene-Editing-Verfahren zu erfassen. Die Antworten zeigten eine Vielzahl von Ansätzen. In einigen Ländern wäre bereits das Experimentieren mit menschlichen Embryonen eine Straftat, während in anderen fast alles zulässig ist.

    Dabei wurde aber auch klar: In den meisten Ländern sind die staatlichen Entscheidungsträger der Geschwindigkeit der wissenschaftlichen Forschungsdynamik und des damit einhergehenden technologischen Wandels nicht gewachsen (und CRISPR ist nur ein Beispiel). Während gesetzgebende Instanzen Jahre für die Gestaltung der Rahmenbedingungen von neuen Technologien brauchen, entwickeln sich die Technologien längst weiter und machen diese Rahmen dann oft schon wieder überflüssig.

    Wie CRISPR oder mit vollem Namen „Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats“ funktioniert, war bereits ausgiebig Thema in diesem Blog. Der regelmäßige Leser weiß, dass sich Gensequenzen mit Hilfe dieser neuen Technik punktgenau ersetzen, verändern oder entfernen lassen, und dies schnell, präzise und sehr billig. Das hat unter Wissenschaftlern, Ethikern und Patienten – leider weniger unter Politikern – zu breiter Besorgnis und heftiger Diskussion geführt. Es ist zu befürchten, dass, wenn derart präzise Genom-Bearbeitung in der klinischen Arbeit akzeptabel wird, um Krankheiten zu entlasten, es unweigerlich dazu kommen wird, dass diese Technologie auch dazu verwendet wird, menschliche Eigenschaften aus nicht-medizinischen Gründen zu verändern, bis hin zu Verbesserung der Intelligenz oder äußerlicheren Attraktivität eines Menschen. Ein ungleicher Zugang zu solchen Technologien könnte zu einem genetischen Klassenkampf führen, auch und insbesondere wenn gezielte Veränderungen am Genom in der Keimbahn (Sperma und Eier) auf alle späteren Generationen weitergegeben würden. Es ist zu befürchten, dass eine embryonale Bearbeitung mit CRISPR dauerhafte, unbeabsichtigte Konsequenzen haben könnte. Die amerikanischen Geheimdienste sprechen im Zusammenhang mit CRISPR bereits von „Massenvernichtungswaffen“.

    Derartige Möglichkeiten scheitern in den westlichen Demokratien noch an gesetzlichen Hürden und die Bedenken gegen solche Formen der Eugenetik sind hier bisher generell sehr groß. Anders in China, wo man eugenischen Bemühungen sehr offen gegenüber scheint. So gab bereits vor mehr als zwei Jahren ein Team chinesischer Forscher bekannt, dass sie mit der gezielten Veränderung von Genen in menschlichen Embryos mittels der CRISPR-Methode experimentiert haben.

    Nun ist auf dem Weg zu CRISPR-Babys ein weiterer Meilenstein erreicht worden: Ende Juli wurde der erste bekannte Versuch publik, auch in den Vereinigten Staaten mit CRISPR genetisch veränderte menschliche Embryonen zu erschaffen. Verantwortlich dafür ist ein Team von Forschern um den umstrittenen Biologen Shoukhrat Mitalipov in Portland, Oregon (der auch schon mit menschlichen KlonExperimenten zwecks Herstellung von Stammzellen von sich reden machte). Dabei konnten Mitalipov und seine Kollegen zeigen, dass es anders als bei den chinesischen Versuchen durchaus möglich ist, defekte Gene, die erbliche Krankheiten verursachen, mit Hilfe von CRISPR sicher und effizient zu korrigieren.

    Die früheren chinesischen Arbeiten waren noch eher begrenzt in Umfang und hatten noch gezeigt, dass CRISPR zahlreiche Editier-Fehler verursacht und dass die gewünschten DNA-Veränderungen nicht von allen Zellen eines Embryos aufgenommen wurden. Diese Effekte, „off targetting“ und „mosaicism“ genannt, verlieh Argumenten Gewicht, dass die Modifikation der menschlichen Keimbahn eine sehr unsichere Angelegenheit sei. Aber Mitalipov und seine Kollegen sollen überzeugend gezeigt haben, dass es möglich ist, bei der Anwendung von CRISPR auf menschliche Embryonalzellen sowohl „mosaicism“ als auch „off-target“-Effekte zu vermeiden.

    Mitalipovs Konzept wurde im Übrigen in ähnlicher Form bereits erfolgreich bei Mäusen angewendet. Hier waren die Gene für die Fellfarbe erfolgreich editiert worden. Statt des erwarteten braunen Fells hatten die Nachkommen nun weißes Fell. In dem damaligen Paper (das Ende 2014 publiziert wurde) hieß es am Schluss prophetisch: „Dieser oder analoge Ansätze können eines Tages das menschliche GenomTargetting oder die Genom-Editierung während der sehr frühen embryonalen Entwicklung ermöglichen“.

    Noch zieht die U.S. National Academy of Sciences eine rote Linie, wenn es um genetische Eingreife in die Keimbahn des Menschen zum Zwecke der Verbesserung seiner Eigenschaften und Fähigkeiten, wie beispielsweise höhere Intelligenz, geht. „Genom-Editing zur Verbesserung der Merkmale oder Fähigkeiten über die gewöhnliche Gesundheit hinaus wirft Bedenken darüber auf, ob die Vorteile die Risiken überwiegen, und über Fairness, wenn diese nur für einige Personen verfügbar sind“, sagte Alta Charo, Co-Vorsitzender des NASStudienkomitees und Professor für Recht und Bioethik an der Universität von Wisconsin-Madison. In den USA ist jeder Versuch, einen gen-editierten Embryo zu einem Menschen heranwachsen zu lassen, durch den Gesetzgeber blockiert worden. Wie lange diese Haltung noch Bestand haben wird, werden wir in den nächsten Jahren, vielleicht auch schon Monaten, sehen. Und trotz solcher Barrieren könnte die Schaffung eines CRISPR-Babys immer noch und jederzeit in Ländern erfolgen, in denen es keine solchen gesetzlichen Beschränkungen gibt. Die Versuche von Mitalipov haben dazu sicher beigetragen.

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    Durchbruch beim bedingungslosen Grundeinkommen

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    Obwohl sich 52 Prozent der Bürger für ein solches Grundeinkommen aussprechen, wird das Thema „Bedingungsloses Grundeinkommen“ in den etablierten Parteien nur randläufig oder gar nicht thematisiert. Mit der Gründung der Partei Bündnis Grundeinkommen im Jahr 2016 wird das Schattendasein der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen beendet. Zwei Tage vor der Zulassung als Partei hat das Bündnis Grundeinkommen die notwendige Anzahl an Unterstützungsunterschriften erzielt, um bei der Bundestagswahl 2017 präsent zu sein. Wir haben nachgefragt. Im Gespräch mit Susanne Wiest.

    Frau Wiest, das BGE ist dank des Einsatzes der neu gegründeten Partei Bündnis Grundeinkommen wählbar und zwar bereits zur kommenden Bundestagswahl im September. Wie fühlen Sie sich angesichts dieses großartigen Erfolgs?

    Susanne Wiest, Bündnis Grundeinkommen (Foto: S. Wiest)

    Es ist ein schönes Gefühl, die doch sehr verbreitete politische Grundhaltung, „da kann man doch eh nichts ändern“, hinter sich zu lassen und für ein Herzensanliegen, das bedingungslose Grundeinkommen von Allen für Alle, tätig zu sein. Demokratie funktioniert, wenn Meckern in Machen umschlägt. Im Bündnis Grundeinkommen sind viele Menschen aktiv, die sich für ein ganz wichtiges Anliegen einsetzen: Alle Menschen, die das bedingungslose Grundeinkommen auch für die ideale Grundlage unseres Zusammenlebens halten, können bei der kommenden Bundestagswahl ein klares und rechtsverbindliches Zeichen, nämlich ihr Zweitstimmen-Wahlkreuz, fürs BGE setzen. Dieses demokratische Angebot – „Grundeinkommen ist wählbar“ – wollten wir ermöglichen. Wir freuen uns sehr, dass das bundesweit in allen 16 Bundesländern geglückt ist.

    Welche Strapazen liegen hinter Ihnen und dem Team vom Bündnis Grundeinkommen bis zu diesem Etappensieg?

    Von Strapazen würde ich nicht sprechen. Es war und ist allerdings sehr viel Arbeit für ein tolles Thema: Wir haben eine Partei gegründet, 16 Landeslisten korrekt aufgestellt und in ganz Deutschland, in unzähligen Gesprächen auf Straßen und Plätzen, 30.000 Unterstützungsunterschriften für die Wahlzulassung gesammelt. Alle rechtlichen Formalitäten wurden abgearbeitet und erfüllt. Das war und ist eine große Gemeinschaftsleistung, bei der sehr viele Menschen ganz freiwillig ihre persönlichen Stärken und Fähigkeiten einbringen. Das zu erleben ist toll.

    Sofern eine ausreichende Anzahl an Wählern dem Bündnis Grundeinkommen ihre Zweitstimme geben, wird das BGE künftig im Parlament vertreten. Welche Arbeiten kommen auf die Partei zu und werden Sie selbst als Abgeordnete zur Verfügung stehen?

    Um die 5%-Hürde zu knacken, müssten etwa 2,5 Millionen WählerInnen dem bedingungslosen Grundeinkommen ihre Zweitstimme geben. In diesem Fall würde das Thema einen gewaltigen Sprung in Richtung Umsetzung machen. Bislang kursieren lediglich Umfragen, die zwar eine große Zustimmung zum bedingungslosen Grundeinkommen erkennen lassen, aber unverbindlich sind. Ein Wahlerfolg wäre da eine andere Nummer. Dann würde das bedingungslose Grundeinkommen endlich auch im Parlament besprochen werden. Das ist dringend notwendig. Die Gesellschaft diskutiert, das Parlament schweigt. Wir sehen unsere Aufgabe darin den gesamtgesellschaftlichen Dialog in den Bundestag zu tragen und dort dann aufzuzeigen, dass nahezu alle Politikfelder von einem bedingungslosen Grundeinkommen berührt und verändert werden – zum Beispiel Bildung, Gesundheit, Kultur, Wirtschafts-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik. Ich selbst stehe auf Platz 1 der Landesliste in Mecklenburg-Vorpommern.

    Das BGE wird von den etablierten Parteien nicht wirklich ernst genommen. Anderenfalls wäre es zu deutlich erkennbaren Fortschritten gekommen. Welche Bedenken wiegen da besonders schwer?

    Das müssen Sie die Parteien bitte selbst fragen. Gegenargumente, die ich oft höre, betreffen die angebliche Faulheit der Menschen oder die vermeintliche Nichtfinanzierbarkeit. Beides stimmt erwiesenermaßen nicht: In Deutschland werden mehr als doppelt soviel unbezahlte wie bezahlte Arbeitsstunden geleistet und zahlreiche unterschiedliche Modelle belegen die Finanzierbarkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die wahren Gründe für die Ablehnung müssen also woanders liegen. Vielleicht fürchten PolitikerInnen einen Machtverlust, wenn alle BürgerInnen durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen gut abgesichert sind?

    Das BGE stützt den Wunsch nach tatsächlich mündigen, selbstbestimmten Bürgern ohne Ausgrenzung, wie dies etwa durch Hartz IV geschieht. Warum fällt es den Parteien so schwer, die Weichen für eine Entkoppelung von Arbeit und Einkommen zu stellen, um das wirtschaftliche Überleben der Bürger auf bedingungsloser Basis zu realisieren?

    Ja, da staune ich auch. Die Idee ist so einfach. Das, was wir sowieso zum Leben brauchen, gewähren wir uns bedingungslos. Ein komplizierter Ämter- und Bewilligungsmarathon für das Lebensnotwendige ist doch absurd – zumal Artikel 1 unseres Grundgesetzes besagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Das bedingungslose Grundeinkommen nimmt diesen Satz ernst und verwirklicht ihn auf der Ebene der finanziellen Existenzgrundlage. Das Schielen auf „was will eine Partei“ ist eigentlich von gestern. „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Wenn wir BürgerInnen uns für das bedingungslose Grundeinkommen entscheiden, wird es Realität. Wir brauchen für solch wichtige Fragen dringend Volksabstimmungen wie beispielsweise in der Schweiz. Bündnis Grundeinkommen ist eine Partei wider Willen. Wir haben die Parteiform gewählt und nutzen sie, weil es Volksabstimmungen auf Bundesebene noch nicht gibt.

    Arbeitsministerin Andreas Nahles (SPD) äußerte in Hinblick auf das BGE anlässlich der vergangenen re:publica in Berlin, sie selbst wolle kein Geld vom Staat, sondern unabhängig sein. Das Argument hinkt erheblich, denn Parlamentarier (und damit auch Frau Nahles) erzielen beispielsweise hohe Rentenansprüche, ohne etwas dafür einzuzahlen. Das Geld vom Staat und damit von der Gesellschaft wird ausnahmslos gerne angenommen und eine Änderung steht nicht zur Debatte. Das Beispiel zeigt, wie schwierig es selbst in politischen Führungsebenen ist, das BGE als intelligenten Gesellschaftsvertrag zu begreifen, zu vermitteln und schließlich auch umzusetzen?

    Diese Aussage von Frau Nahles ist doch ein Witz, da sie ja ausschließlich Geld vom Staat bekommt. Ihr Gehalt als Ministerin wird vollständig aus unseren Steuergeldern bezahlt. Diese Unabhängigkeit, von der Frau Nahles spricht, und die ihr wichtig sei, ist eine Illusion. Wir sind alle abhängig voneinander und von der Arbeit die andere für uns tun. Auch in der Demokratie sind wir alle aufeinander angewiesen. Ich staune, dass Frau Nahles diese Tatsachen nicht bewusst sind. Frau Nahles zum Beispiel ist abhängig davon, dass sie gewählt wird, dass es eine Partei gibt, die sie aufstellt, dass wir genug Steuergelder haben um sie gut zu bezahlen, … .Niemand kann heute mehr alleine leben. Nahrung Kleidung, Straßen, Verkehrsmittel, Schulen, Krankenhäuser, – all das produzieren und betreiben andere für uns und wir sind wiederum tätig für andere. Die Zeit der Selbstversorgung ist schon lange vorbei. Einkommen ist keine „Beute“ die wir nach Hause bringen. Einkommen ist eine Notwendigkeit, um in dieser vernetzten Welt füreinander tätig sein zu können.

    Erwerbsarbeitslosigkeit ist auch kein persönlicher Fehler oder Makel, sondern dem technischen Fortschritt geschuldet. Nicht die Erwerbsarbeitslosigkeit ist das Problem, sondern die Einkommenslosigkeit. Arbeit gibt es nämlich soviel, wie es Menschen gibt. Das Meiste wird jedoch nicht entlohnt: Die unersetzliche und unverzichtbare Pflege- und Sorgearbeit in den Familien, sowie die viele ehrenamtliche Arbeit, die überall geleistet wird. Das bedingungslose Grundeinkommen trägt dieser Wirklichkeit Rechnung. Wie schnell es eingeführt wird, liegt nicht an PolitikerInnen, sondern an uns BürgerInnen. Der Wind für und der Wunsch nach Veränderungen kommt immer aus der Gesellschaft. Die politische „Führungsebenen“ beauftragen wir dann mit der Umsetzung.

    Das Besondere an Ihrer Partei ist das Ein-Themen-Prinzip. De facto bedeutet es, dass sich das Bündnis Grundeinkommen nach der Einführung auflösen wird?

    Ja, so steht es in unserer Satzung. Uns geht es nicht um die Partei Bündnis Grundeinkommen, sondern um das Thema „Bedingungsloses Grundeinkommen“. Sobald der einzige Parteizweck, die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens, erfüllt ist, lösen wir uns automatisch auf. Damit ist klar: Wir wollen keine Posten, wir wollen gesellschaftliche Veränderung. Ohnehin haben wir die Parteiform nur deshalb gewählt, weil es Volksabstimmungen auf Bundesebene noch nicht gibt. Die Einführung solcher Volksabstimmungen ist längst überfällig, zeichnet sich aber bisher nicht ab. Bis es soweit ist, erscheint uns das Wahlangebot „Grundeinkommen ist wählbar“ als eine gute Möglichkeit, sich klar zum Grundeinkommen zu bekennen.

    So ganz überzeugt mich eine solche rigorose Auflösung nicht, da ein BGE maßgeblich sowohl alle gesellschaftlichen, als auch wirtschaftlichen Bereiche im Sinne eines ganz neuen, gesamtheitlichen Konzepts tangiert. Da gibt es viel zu tun – auch nach der Einführung.

    Sie haben recht, es gibt sehr viel zu tun. Bei dieser Aufgabe sind alle gesellschaftlichen Kräfte gefragt und alle politischen Bereiche betroffen. Das klassische Parteienbild „Nun gibt es eine Partei und die werden sich schon um alles kümmern“ wollen wir nicht bedienen. Ist das bedingungslose Grundeinkommen einmal eingeführt, sind wir eine andere Gesellschaft als heute und ein wichtiger demokratischer Meilenstein ist gesetzt. Sicher stellen sich dann neue Fragen und ganz sicher finden sich auch Menschen, die diese lösen wollen und sich der neuen Aufgaben annehmen werden. Wir alle sind gefragt, wie wir zusammen leben wollen.

    Was wünschen Sie sich für die nahe Zukunft hinsichtlich des BGEs und welche mittelfristigen Pläne verfolgt das Bündnis Grundeinkommen?

    Ich wünsche mir eine breite und konstruktive gesamtgesellschaftliche Debatte dieses wichtigen Themas, das ja erfreulicherweise gerade enorm an Fahrt aufnimmt. Ich finde es wichtig, dass auch das Thema Volksabstimmung vorankommt, sodass wir direkt über wichtige Sachthemen abstimmen können. Bis es soweit ist, wollen wir bei jeder anstehenden Wahl das bedingungslose Grundeinkommen wählbar machen.

     

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    Spenderliste: FDP und AfD kassierten 2015 insgesamt 2 Mio. Euro aus der Wirtschaft

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    „In einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht vom Geld abhängen.“ (Foto: SeanPrior/Clipdealer.de)


    Bisher bekannt waren davon nur die Spenden des Verbands der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg (Südwestmetall) (100.000 Euro) und der Firma R & W Industriebeteiligungen GmbH (250.000 Euro), da diese über der 50.000 Euro-Grenze zur sofortigen Veröffentlichung auf der Bundestagswebseite lagen. Bislang nicht veröffentlicht waren u.a. Zuwendungen an die FDP vom Autokonzern Daimler (40.000 Euro), dem Rüstungsunternehmen Airbus Defense und Space GmbH (30.000 Euro) und dem Spielautomatenhersteller Gauselmann AG (12.000 Euro).

    Die AfD erhielt 2015 knapp 133.000 Euro von juristischen Personen wie Unternehmen und Verbänden (Vorjahr: 50.000 Euro). Davon stammten jeweils 20.000 Euro von der Dienstleistungsgesellschaft Raisdorf mbH und der Dr. O. K. Wack Chemie GmbH. Vor der jetzigen Veröffentlichung der Berichte war dies nicht bekannt gewesen. Fünf weitere meldepflichtige Spenden von mehr als 10.000 Euro stammen von Privatpersonen. abgeordnetenwatch.de-Sprecher Roman Ebener kritisierte die bestehenden Transparenzpflichten für Parteien als vollkommen unzureichend.

    „Konzerne und Lobbyverbände haben Parteien Millionensummen zukommen lassen, die jahrelang unentdeckt bleiben konnten. Dies ist nicht länger hinnehmbar. Die Öffentlichkeit muss bei solchen Spenden unmittelbar informiert werden und nicht erst nach Jahren. Denn so kann niemand wirkungsvoll prüfen, ob eine Großspende im zeitlichen Zusammenhang mit einer politischen Entscheidungen steht,“

    so Ebener.

    Die Spenderlisten für das laufende Wahljahr werden erst 2019 öffentlich werden. abgeordnetenwatch.de forderte die Parteien auf, die Transparenzregeln zu verschärfen und künftig sämtliche Parteispenden zeitnah zu veröffentlichen.

    „Gerade vor dem Hintergrund des Abgasskandals müssen wir ausschließen, dass politische Entscheidungen in Deutschland käuflich sind. Verbindungen zu Lobbyisten müssen vollständig offengelegt werden. Das schaffen wir nur durch mehr Transparenz und strenge Spendenregelungen. In einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht vom Geld abhängen,“

    mahnt Ebener.

    Die Transparenzorganisation fordert, die derzeitige Veröffentlichungsgrenze von 50.000 auf 10.000 Euro zu senken, ab der eine Parteispende zeitnah im Internet veröffentlicht werden muss. Außerdem müsse es für Sponsoringeinnahmen dieselben Transparenzpflichten geben wie für Parteispenden. Derzeit müssen die Parteien ihre Sponsoringgelder nicht einzeln aufführen.

    abgeordnetenwatch.de appellierte, Zuwendungen von Unternehmen und Lobbyverbänden an politische Parteien zu verbieten. Eine von abgeordnetenwatch.de gestartete Internetpetition „Lobbyistenspenden an Parteien verbieten!“ wurde bis Donnerstag von 53.600 Menschen unterzeichnet. Im laufenden Bundestagswahljahr 2017 sind nachabgeordnetenwatch.de-Berechnungen insgesamt mehr als 3,7 Euro an Großspenden von Unternehmen sowie wohlhabenden Privatpersonen gezahlt worden. Die Zuwendungen lagen jeweils über 50.000 Euro und waren deshalb unverzüglich auf der Parlamentshomepage zu veröffentlichen. Mehr dazu HIER.

    Weiterführende Informationen:

  • Rechenschaftsberichte 2015 von FDP, AfD und anderen Parteien
  • Kurzauswertung der Rechenschaftsberichte von FDP und AfD
  • Kurzauswertung der im Bundestag vertreten Parteien
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    Deutscher Aufschwung mit langem Atem

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    Das BIP-Wachstum läuft auf eine Hochkonjunktur zu (Foto: kvkirillov / Clipdealer.de)

    Der ersten Schnellschätzung des Statistischen Bundesamtes zufolge belief sich der BIP-Anstieg in Deutschland im zweiten Quartal 2017 auf 0,6 % zum Vorquartal. Damit hat die Wirtschaftsleistung erneut kräftig zugenommen. Der Anstieg liegt nur wenig unter dem für das erste Quartal von 0,6 auf 0,7 % revidierten Ergebnis.

    Konsumausgaben geben Wachstumsimpulse

    Die BIP-Details werden am 25. August bekannt gegeben. In seiner Pressemeldung hat das Bundesamt heute aber bereits mitgeteilt, dass positive Wachstumsimpulse besonders von den privaten und staatlichen Konsumausgaben ausgegangen sind. Zudem wurden die Anlageinvestitionen gegenüber dem ersten Quartal erhöht. Aufgrund der hohen Importtätigkeit gingen vom Außenhandel belastende Impulse aus.

    Abgesehen von der kleinen Atempause im zweiten Quartal 2014 hält der Aufschwung nun seit 17 Quartalen an. Ein Ende dieser ungewöhnlich langen Phase ist nicht in Sicht. Hierauf deuten die Stimmungsindikatoren hin, auch wenn abseits des ifo-Geschäftsklimas einige von ihnen zuletzt gesunken sind. Ihre Niveaus sind aber weiter hoch. Dies ist selbst dann noch der Fall, wenn wir Abstriche bei diesen Indizes vornehmen, da sie die geopolitischen Risiken unseres Erachtens nur unzureichend berücksichtigen. Unter dem Strich erwarten wir deshalb weiter, dass das Über-Trend-Wachstum im zweiten Halbjahr 2017 anhalten wird. Trotz voraussichtlich gegenüber 2017 sinkender Reallöhne dürfte dies vor allem von der anhaltenden Belebung der Weltwirtschaft und vom kräftigen EZB-Zinsdoping ermöglicht werden.

    Auf dem Weg zu Hochkonjunktur

    Das BIP-Wachstum läuft auf eine Hochkonjunktur zu. Der Nachteil dieses Luxus ist, dass er den Konjunkturblick nach unten richtet. Denn unseres Erachtens ist eine Korrektur nur eine Zeitfrage, wenn die Wirtschaftsleistung beständig (und deutlich) stärker zunimmt als das Produktionspotenzial. Die aus unserer Sicht ultra-expansiv ausgerichtet bleibende EZB-Geldpolitik wirkt dem zwar entgegen. Wir erwarten dennoch, dass der Korrekturprozess bald ein Stück weit beginnen wird. Die Geopolitik und die unberechenbare US-Politik könnten ihn beschleunigen. Unternehmen sollten sich zudem nicht zu sehr auf die Nachfrage aus China verlassen.

    Aufgrund der Aufwärtsrevision des BIP-Wachstums für das erste Quartal 2017 und bei ansonsten unveränderten Erwartungen an ein nachlassendes Wachstumstempo im zweiten Halbjahr haben wir unsere BIP-Prognose für 2017 von 1,6 % auf 1,7 % angehoben. Ohne den Arbeitstageeffekt liegt die Prognose bei 2,0 %.

  • Verweis:
    Interview mit Dr. Alexander Krüger, Bankhaus Lampe:
    Die Enteignung findet bereits statt
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    Wirtschaft im Euroraum wächst weiter an

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    Die BIP-Prognose für 2017 wird erhöht. (Foto: Themeforest)

    Eurostat hat den Zuwachs des EWU-BIP von 0,6 % im zweiten Quartal 2017 heute bestätigt. Statt 0,58 % beträgt die Rate aber 0,63 %. Der Anstieg liegt nun schon seit drei Jahren über der Wachstumsrate des Produktionspotenzials. Ursache ist das in vielen Mitgliedstaaten seit dem Konjunktureinbruch 2008/09 bestehende (beträchtliche) Aufholpotenzial, das seit einiger Zeit vor allem aufgrund der besser laufenden Weltwirtschaft gehoben wird.

    Hinzu kommt die starke Unterstützung durch die EZB-Geldpolitik, die sich noch immer im Krisenmodus befindet. Beides senkt die (noch) hohe Arbeitslosigkeit und steigert die Investitionstätigkeit. In der Folge zieht die Wirtschaftsleistung auch bei den Wachstumsnachzüglern an, zum Beispiel in Italien. In Spanien ist der Schub dank Reformen sogar besonders kräftig.

    BIP-Prognose wir erhöht

    Wir erwarten weiter, dass das hohe Wachstumstempo des BIP im zweiten Halbjahr nachlassen wird, ohne auf das des Produktionspotenzials von gut 0,3 % zu fallen. Unsere BIP-Prognose für 2017 heben wir dennoch von 1,8 % auf 2,0 % an. Ursache sind die „besseren“ 0,6 % (s. o.) und die amtliche Neuberechnung der deutschen BIP-Reihe, die uns wegen technischer Probleme unseres externen Datenanbieters gestern nicht vollständig zur Verfügung stand. Die Ausgangsbasis für 2017 ist nun höher: Statt 1,7 % liegt unsere 2017er-BIP-Prognose für Deutschland daher bei 1,8 %. Keine Frage: Dauer und Ausmaß des Aufschwungs im Euroraum sind bemerkenswert. Zu denjenigen, die nun das Ende der Krise und die Rückkehr der Normalität feiern, zählen wir deshalb aber nicht.

    Gewichtige Probleme unübesehbar

    Aus unserer Sicht überdeckt das hohe BIP-Wachstum gewichtige Probleme. Vor allem die Staatsschuldenkrise ist weiter ungelöst. Ein fehlender Konsolidierungs- und Reformeifer, Protektionismus, der Verlass auf die Geldpolitik, der negative Nebenwirkungen mit sich bringt, und die Unterkapitalisierung des Bankensektors bergen zudem Risiken. Stabilität sieht anders aus. Dennoch: Der BIP-Anstieg dürfte die Arbeitslosigkeit weiter senken.

    Die Unterauslastung am Arbeitsmarkt wird gleichwohl noch länger bestehen bleiben. Einen Lohndruck, der die Kerninflationsrate von aktuell 1,2 % erhöht, erwarten wir daher nicht. Bis Ende 2018 dürfte die EZB daher nur langsam aus ihren Wertpapierkäufen aussteigen. Der zuletzt festere Euro und der zeitweise immer wieder sinkende Rohölpreis verlängern diese Frist aus unserer Sicht nicht: Etwa Mitte 2018 droht die EZB, die 33-%-Obergrenze für maximal erwerbbare Staatstitel eines Landes zu reißen. Trotz unerfülltem Preisziel ist sie daher gezwungen, ihre Wertpapierkäufe zu beenden. Begründen dürfte sie dies (ab September) mit der guten Konjunktur.

  • Verweis:
    Interview mit Dr. Alexander Krüger, Bankhaus Lampe:
    Die Enteignung findet bereits statt
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    Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft

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    Verflechtungen zwischen Politik und Medien müssen streng kontrolliert werden. (Foto: c-ts / Clipealer.de)

    Christina Deckwirth, Autolobbyexpertin bei LobbyControl kommentiert:

    „Die engen Verbindungen zwischen Politik und Autolobby sind eine Ursache des Abgasskandals. Immer wieder hat die Politik die Tricksereien der Autoindustrie geduldet und gedeckt. Damit muss jetzt endlich Schluss sein.“

    Der heute veröffentlichte Vier-Punkte-Plan von LobbyControl zeigt, wie Lobbykontrolle die Autolobby bändigen kann. Dazu zählen strengere Regeln für Seitenwechsler, ein verbindliches Lobbyregister, eine legislative Fußspur und schärfere Regeln für die Parteienfinanzierung.

    Annette Sawatzki, Expertin für Lobbyregulierung bei LobbyControl:

    „Viele einflussreiche Autolobbyisten waren zuvor Spitzenpolitiker – oft aus dem Umfeld von Kanzlerin Angela Merkel. Es ist gut, dass es mittlerweile eine Karenzzeit-Regel für solche Seitenwechsler gibt. Sie kam allerdings zu spät und ist nicht konsequent genug.“

    In Deutschland gebe es vor allem bei Transparenz und Parteienfinanzierung großen Nachholbedarf.

    „Wir wissen nicht einmal, wie viele Autolobbyisten überhaupt in Berlin präsent sind. Im Dunkeln bleibt auch, wie sie auf Gesetzgebungsverfahren Einfluss nehmen und mit wie viel Geld sie Parteien sponsern. Ein verbindliches Lobbyregister, eine legislative Fußspur und Transparenz beim Parteisponsoring sind dringend nötig. Bei der Parteienfinanzierung braucht es zudem eine Deckelung: Es ist undemokratisch, wenn Akteure wie die Autolobby mit vielen Großspenden maßgeblichen Einfluss auf die finanzielle Ausstattung der Parteien haben. Das gilt besonders für den Wahlkampf,“

    so Sawatzki.

    Deckwirth kommentiert:

    „Die Dieselaffäre schadet Gesundheit und Umwelt, der Autobranche und letztlich auch der Demokratie. Software-Updates und Kaufprämien können das nicht reparieren. Das Verhältnis zwischen Politik und Konzernen braucht eine Generalüberholung. Die jüngsten Entwicklungen im Dieselskandal zeigen: Ohne ausreichend Abstand zwischen Politik und Lobby kommt es zum Crash. Lobbyismus braucht Schranken und Kontrolle.“

    Hintergrund:

    Den LobbyCheck „Abgasskandal und Lobbyismus“ finden Sie online HIER. Ein kurzes Video dazu finden Sie HIER.

    LobbyControl hat zur Bundestagswahl die Kampagne „Wissen, was drin steckt“ gestartet, an der sich bisher über 30.000 Menschen beteiligen

    LobbyControl hat mit dem kürzlich veröffentlichten Lobbyreport 2017 eine Bilanz der Politik der Großen Koalition im Bereich Lobbyismus und Lobbykontrolle gezogen. Der Report formuliert Handlungsempfehlungen in zentralen Feldern der Lobbyregulierung. Den Report finden Sie zum Download HIER.
     
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